Jason Citron und Stanislav Vishnevskiy verbindet eine gemeinsame Leidenschaft – jene für Computer- und Videospiele. Aus dieser Leidenschaft heraus haben sie die Plattform Discord entwickelt.
Der Hintergrund
Für die meisten Teenager dürfte es eine Horrorvorstellung sein, jeden Tag morgens um fünf Uhr aufzustehen. Zu dieser Gruppe zählte Stanislav Vishnevskiy ganz gewiss nicht. Im Gegenteil stand er sogar freiwillig früher auf, weil er dadurch mehr Zeit hatte, Final Fantasy XI zu zocken. Für alle, die es noch nicht wissen sollten: Hierbei handelt es sich um ein Multiplayer-Rollenspiel, das online gespielt wird.
Vishnevskiy war von diesem Spiel so begeistert, dass er sich in der High-School ein Team von 40 Mitgliedern zusammengestellt hatte. Diese hatten bereits so viele Punkte gesammelt, dass das Team als weltweit ranghöchste Mannschaft galt. Teilweise geht dieser Erfolg auch auf ein Online-Tool zurück. Das hatte Vishnevskiy entwickelt, damit er besser mit seinen Teamkollegen kommunizieren kann.
Discord weltweit von über 90 Millionen Menschen – 1,65 Mrd. $ Bewertung
Mittlerweile wird Discord weltweit von über 90 Millionen Menschen genutzt, die während des Spielens mit ihren Freunden diskutieren oder über die neuesten Online-Trends sprechen wollen.
Erst jüngst hatte sich die Bewertung des Startups auf etwa 1,65 Milliarden US-Dollar verdoppelt, wodurch es den „Einhorn“-Status erhalten hatte. Und damit konnte sich Stanislav Vishnevskiy auch einen persönlichen Traum verwirklichen. Denn er wollte seit jeher Apps oder Websites kreieren, durch welche Menschen miteinander verbunden werden.
Der Start: holprig
Obgleich Stanislav Vishnevskiy weltweit als zweitstärkster Spieler bei Final Fantasy XI galt, war der Start für ihn und den Mitgründer Jason Citron, der als CEO fungiert, alles andere als einfach. So wollte Vishnevskiy sämtliche Werkzeuge, die er für sein Team in Final Fantasy erschaffen hatte, zu einem Dienst umwandeln, der auch von anderen Spielern genutzt werden konnte, was diese aber nicht taten. Jason Citron hatte in der Vergangenheit mehr Glück gehabt: Er hatte ein Glücksspielgeschäft an eine japanische Firma für den Betrag von 104 Millionen US-Dollar verkauft.
Weniger gut lief dagegen seine zweite Firma, in welcher Vishnevskiy als Ingenieur für Citron tätig war. Dort hatte er ein Handyspiel namens Fates Forever entwickelt, was sich jedoch als Flop erwies.
Wenige Monate später, im Dezember 2014, wollte Stanislav Vishnevskiy die Spieler über eine Voice-Chat-Plattform verbinden. Einen Monat später arbeitete er zusammen mit Citron auch schon daran. Einer der großen Vorteile von Discord bestand darin, dass es sowohl als App als auch im Webbrowser verwendet werden konnte. Die Plattform bot Spielern die Möglichkeit, eigene Chaträume zu erstellen oder während des Spiels Telefonkonferenzen zu führen.
Angemeldet hatten sich zu Beginn lediglich 20 User, die sich größtenteils aus dem Freundeskreis rekrutierten. Das sollte sich erst ändern, nachdem einer der User auf Reddit Infos über den neuen Service gepostet hatte, woraufhin Vishnevskiy anbot, alle eingehenden Fragen zu beantworten. Allein an diesem Tag nutzten 600 neue Gamer die Plattform und das rasante Wachstum konnte beginnen.
Mittlerweile hat Discord über 150 Millionen US-Dollar Risikokapital eingesammelt. Und auch die Zahl der User ist schnell gestiegen. Waren im Sommer 2017 noch 45 Millionen User registriert, hat sich diese Zahl zwischenzeitlich verdoppelt. Aktuell beschäftigt Discord außerdem 100 Mitarbeiter.
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Die Grenze zur Profitabilität hat das Startup in den ersten drei Jahren des Bestehens allerdings noch nicht erreicht, was sich aber bald ändern könnte. Denn im Januar 2017 wurde Discord Nitro, ein kostenpflichtiges Abonnement, eingeführt.
Dabei zahlen die registrierten User monatlich fünf US-Dollar und können dafür verschiedene digitale Goodies nutzen. Dazu gehören eine größere Dateimenge bei Uploads oder benutzerdefinierte GIFs.
Josh Elman, Mitglied des Vorstandes bei Discord, denkt, dass es zahlreiche Wege gibt, um die App zu monetarisieren. Insbesondere, weil sich die App hervorragend in das Leben der User integrieren lasse. Denn: Online-Spiele zu spielen, gelte zunehmend als soziale Aktivität. Und der Markt sei groß genug. Immerhin habe die Spieleindustrie weltweit einen Wert von rund 100 Milliarden US-Dollar, wovon etwa ein Drittel auf reine PC-Spiele entfiele.
Die neuen Herausforderungen für die Gründer
Weil sich Discord immer größerer Beliebtheit erfreut, sehen sich die Verantwortlichen natürlich auch neuen Herausforderungen gegenüber. Beispielsweise nutzen auch radikale Gruppen zunehmend Discord, um ihre Aktionen und Kundgebungen abzusprechen. Bei einer dieser Veranstaltungen wurde ein 32-jähriger Bürgerrechtler in Charlottesville, im Bundesstaat Virginia, getötet.
Auf diese Entwicklungen hatte Discord reagiert und bereits mehrere Server gesperrt und geschlossen, weil die Richtlinien des Unternehmens verletzt worden waren. Mittlerweile gibt es neben einem Vertrauensteam auch ein Team für den Kundendienst und die Sicherheit, deren Mitarbeiter die Benutzerberichte rund um die Uhr überwachen.
Bei den Servern von Discord handelt es sich aber ohnehin üblicherweise um private Server. Das bedeutet: Die User müssen eingeladen werden, um teilnehmen zu können. Registrierte User können dann ihren eigenen Bereich mit Hilfe von verschiedenen Tools steuern.
Jedoch ist es vermutlich als positiv zu bewerten, dass diese Probleme zu einem derart frühen Zeitpunkt aufgetreten sind. Der Grund: Die Verantwortlichen haben einen größeren Spielraum, um das Problem zu lösen und Veränderungen einzuführen. Das wiederum ist bei großen und etablierten Unternehmen wie etwa der Plattform Facebook schwieriger umzusetzen.
Denn im Gaming-Chat-Bereich gilt Discord noch als kleiner Player, obwohl rund 90 Millionen User registriert sind. Und das verwundert auch nicht weiter, wenn man die absoluten Zahlen betrachtet: Schließlich gibt es weltweit über 2,6 Milliarden User, die regelmäßig online spielen.
Die beiden Gründer konzentrieren sich nun zunächst aber in erster Linie auf die positiven Effekte. Sie sind der Meinung, dass viele ihrer Erfahrungen und Beziehungen auf dem gemeinsamen Spielen mit Freunden basieren.
Wie Citron sagt, bestehe der Grundsatz des Unternehmens darin, diese Erfahrungen zu mehr Usern zu bringen. Mit der Plattform wollten sie mehr und mehr Menschen schlicht und ergreifend näher zusammenbringen.
Welche Funktionen bietet Discord?
Auf der Plattform finden die Gamer nahezu alle Funktionen, die auch auf Teamspeak oder Skype vorhanden sind. Sie können nicht nur Text- und Sprachkanäle auf den Servern erstellen, sondern auch über Telefonate, Chats oder Gruppen miteinander kommunizieren.
Damit andere Nutzer keinen Einblick in die jeweilige IP-Adresse haben, laufen die Daten über die Discord-Server. Dadurch wird die Gefahr, dass der Rechner eines Nutzers angegriffen werden könnte, auf ein Minimum reduziert.
Seit der Veröffentlichung im Mai 2015 wurde kontinuierlich um verschiedene Funktionen erweitert, beispielsweise ist es seit Dezember 2016 möglich, Discord in eigene Anwendungen zu integrieren.